Demian by Hermann Hesse

Demian by Hermann Hesse

Autor:Hermann Hesse [Hesse, Hermann]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


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Es war so unangenehm, diese Verpflichtung gegen ihn zu haben eigentlich ja eine dumme Kindergeschichte, aber doch eben eine Verpflichtung . . .

Er schien zu warten, ob ich ihn grüßen wolle, und als ich es möglichst gelassen tat, gab er mir die Hand. Das war wieder sein Händedruck! So fest, warm und doch kühl, männlich! Er sah mir aufmerksam ins Gesicht und sagte: Du

bist groß geworden, Sinclair.“ Er selbst schien mir ganz unverändert, gleich alt, gleich jung wie immer.

Er schloß sich mir an, wir machten einen Spaziergang und sprachen über

lauter nebensächliche Dinge, nichts von damals. Es fiel mir ein, daß ich ihm einst mehrmals geschrieben hatte, ohne eine Antwort zu erhalten. Ach, möchte er doch such das vergessen haben, diese dummen, dummen Briefe! Er sagte nichts davon!

Es gab damals noch keine Beatrice und kein Bildnis, ich war noch mitten in meiner wüsten Zeit. Vor der Stadt lud ich ihn ein, mit in ein Wirtshaus zu kommen. Er ging mit. Prahlerisch bestellte ich eine Flasche Wein, schenkte ein, stieß mit ihm an und zeigte mich mit den studentischen Trinkgebräuchen sehr vertraut, leerte auch das erste Glas auf einen Zug.

Du gehst viel ins Wirtshaus?““ fragte er mich.

”Ach ja“, sagte ich träge, was soll man sonst tun? Es ist am Ende immer

noch das Lustigste.“

Findest du? Es kann schon sein. Etwas daran ist ja sehr schön – der Rausch,

das Bacchische! Aber ich finde, bei den meisten Leuten, die viel im Wirtshaus sitzen, ist das ganz verlorengegangen. Mir kommt es so vor, als sei gerade das Wirtshauslaufen etwas richtig Philisterhaftes. Ja, eine Nacht lang, mit brennenden Fackeln, zu einem richtigen, schönen Rausch und Taumel! Aber so immer wieder, ein Schöppchen ums andere, das ist doch wohl nicht das Wahre? Kannst du dir etwa den Faust vorstellen, wie er Abend für Abend an einem Stammtisch sitzt?“

Ich trank und schaute ihn feindselig an.

Ja, es ist eben nicht jeder ein Faust“, sagte ich kurz.

Er sah mich etwas stutzig an.

Dann lachte er mit der alten Frische und Überlegenheit.

Na, wozu darüber streiten? Jedenfalls ist das Leben eines Säufers oder

Wüstlings vermutlich lebendiger als das des tadellosen Bürgers. Und dann

– ich habe das einmal gelesenist das Leben des Wüstlings eine der besten Vorbereitungen für den Mystiker. Es sind ja auch immer solche Leute wie der heilige Augustin, die zu Sehern werden. Der war vorher auch ein Genießer und Lebemann.“

Ich war mißtrauisch und wollte mich keineswegs von ihm meistern lassen.

So sagte ich blasiert:

Ja, jeder nach seinem Geschmack! Mir ist es, offen

gestanden, gar nicht darum zu tun, ein Seher oder so etwas zu werden.“



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